Meeting in Aarchot 2014
Reisebericht Belgien vom 24. Bis 29. März 2014
Als wir uns am Montag am Kornwestheimer Bahnhof getroffen haben, wussten wir alle nicht so recht, was uns erwarten würde. Irgendwie hatten wir die Vorahnung, dass es langweilig werden und es viele ungeplante Tage geben würde – weit gefehlt.
Diese fünf Tage waren das komplette Gegenteil von langweilig, öde oder uninteressant. Bereits der Montag begann mit vielen positiven ersten Eindrücken: da unser Zug Verspätung hatte und wir dadurch den Anschlusszug verpassten, verbrachten wir zwei Stunden in Köln, welche wir mit Fotos schießen am Kölner Dom und Shoppen füllten. Danach ging es weiter Richtung Belgien, um 18 Uhr hatten wir das Ziel endlich erreicht: die Kamsa-Middle-School in Aarchot, wo unsere Gastfamilien und die anderen Schüler aus Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, Spanien, England, Dänemark, sowie die Lehrer bereits die Nachzügler, uns, erwarteten. Aarchot liegt nahe der Stadt Leuven, von der wir später noch berichten.
Nahezu sofort transportierten die Gasteltern uns und das viele Gepäck in unsere Häuser für die nächsten zwei Nächte. Die Stimmung war am Anfang noch sehr gedämpft, alle waren schüchtern, was auch an der Müdigkeit lag, die von der langen Anreise herrührte. Wir konnten nicht ahnen, wie gut wir uns in den kommenden Tagen verstehen würden und wie schwer uns der Abschied tatsächlich fallen würde. Am Dienstagmorgen, als wir uns in der Schule trafen, wurde erst mal Bericht darüber erstattet, wie es in der ersten Nacht gelaufen war. Teils waren die Berichte sehr gut, teils ganz zufriedenstellend und öfters auch wirklich sehr lustig. Zum Beispiel hatte Lea die Nacht mit ihrer Gastschwester in einem Bett verbringen müssen und sich mitten in der Nacht in einer engen Umarmung wiedergefunden, was ihr eher weniger recht war. Andere erzählten, es sei geschnarcht worden oder die Matratze habe ihnen Rückenschmerzen bereitet, doch alle waren gut ausgeschlafen und mit neuer Kraft in den Tag gestartet.
Der Dienstag begann mit Gruppenspielen. Das wohl lustigste war das mit dem Handtuchfalten: alle Teammitglieder stellten sich auf ein Handtuch und mussten es umdrehen, ohne dass jemand einen Fuß auf den Boden neben dem Handtuch stellen durfte. Die Belgier sorgten für ausreichend Programm, denn im Anschluss begann das gemeinsame Kochen. Jedes Land musste ein traditionelles Gericht zubereiten, was danach vorgestellt und gegessen wurde. Die Gruppen bestanden jeweils aus zwei bis drei Mitgliedern aus dem Herkunftsland des Gerichtes und zwei bis drei Helfern aus anderen Ländern. Verständigt wurde sich auf allen Sprachen, jedoch hauptsächlich auf Englisch. Um 12.30 Uhr waren alle Gerichte fertig und wurden im Speisesaal auf einer langen Tafel aufgereiht. In der Küche war es sehr hektisch zugegangen, weshalb jeder gespannt war, wie das Essen schmecken würde. Für jeden war etwas dabei: es gab Rostbraten und Flädlesuppe aus Österreich, Kartoffelsalat aus Deutschland, Cazpacho aus Spanien, Lasagne aus Italien, kleine belegte Brote mit Ei, Käse, Shrimps, Zitronen und Gurke aus Belgien und Smørrebrød aus Dänemark. Wer noch Hunger hatte, konnte danach noch Kuchen und Joghurt essen.
Im Anschluss an das Essen stand eine kleine „Stadtralley“ auf dem Programm, bei der man in Gruppen, die aus unterschiedlichen Ländervertretern bestanden, selbstständig den Weg durch Aarschot zu bestimmten Punkten suchen musste, an denen man nach der erledigten Aufgabe einen Stempel bekam. Die Gruppe mit den meisten Stempeln war also automatisch die Gruppe, die die meisten Plätze gefunden hatte und damit auch die Gewinnergruppe. Es war gar nicht so leicht, mit fremden Leuten in einer andern Sprache durch eine fremde Stadt in einem anderen Land zu verschiedenen Plätzen zu gelangen, an denen man noch nie war, doch jede Gruppe fand einen Weg , diese Aufgabe zu meistern. Am Mittwoch war der Tag, an dem jedes Land einen traditionellen Song in der jeweiligen Sprache aufführte. Zwar gab sich jede Gruppe Mühe, aber es war trotzdem relativ langweilig und einschläfernd – bis unsere Gruppe an der Reihe war. Natalija, Lea und Luana trugen Dirndl und Jannik, Dominik und Sarah Lederhosen mit Karohemden, was uns aussehen ließ, als kämen wir direkt vom Frühlings- bzw. Oktoberfest, kurz: wir sahen typisch deutsch aus. Unser Lied „Rock mi“ von Voxxclub erklang und wir begannen mit der Performance, die aus Stampfen, Klatschen, Singen und Schuh-Plattln bestand. Wir lockerten die Stimmung auf und viele klatschten begeistert mit. Zur Stärkung gab es danach Kuchen und Pudding.
Am frühen Nachmittag fuhren alle mit zwei Bussen nach Antwerpen, der größten Stadt Belgiens, wo wir vier Stunden Freizeit hatten. In die Innenstadt brauchten wir zu Fuß eine gute halbe Stunde und verbrachten den Nachmittag in der tollen Altstadt, die mit ihren engen Gassen an den Flair eines italienischen Dörfchens erinnerte. Wir machten ein Gruppenbild vor einer großen Hand, wo Dominik Fotograf spielte und sich mit Worten wie: „Wow, smile, yes that`s great!“ auf den Boden vor uns warf, das Handy in der Hand zum Fotografieren. Wir hatten Spaß, ebenso auf der Rückfahrt. Abends, nach dem wir unsere Zimmer im Hotel bezogen hatten, gingen wir gemeinsam mit Frau Sproll und Frau Schimpken in der Innenstadt von Leuven bei einem Italiener Essen. Der Abend bestand aus Gesprächen über die Gastfamilien und wie sie sich am Mittwochmorgen von uns verabschiedet hatten, über die kommenden Tage und die kommende Schulwoche und aus leckerem Essen, das aus verschiedenen Pizzen und Pasta bestand. Leuven ist eine atemberaubende Stadt. Auch hier gibts es aneinandergereiht viele Cafés und Restaurants, erstaunt hat uns aber die im gothischen Stil erbaute „City Hall“, die an die Sagrada Familia in Barcelona erinnert. Obwohl wir es kaum glauben konnten, war es bereits der vorletzte Abend in Belgien. In der Nacht feierten wir in Artas 16-ten Geburtstag hinein, Arta ist eine der Schülerinnen aus Heilbronn.
Am Donnerstag war der ereignisreichste Tag. Zuerst unternahmen wir eine Wanderung durch die Flander-Fields, was uns die ländliche Gegend Belgiens näherbrachte. Es war zwar bewölkt, aber geregnet hat es glücklicherweise nicht. Danach fuhren wir mit dem Bus nach Aarschot zur Schule zurück und fanden ein kleines Festival der Schule vor, das jedes Jahr stattfindet. Auf einer Bühne treten verschiedene Bands und andere Acts auf, es gibt Hot-Dogs und andere Speisen und Getränke und in der Eingangshalle, wo am Dienstag unsere Spiele stattgefunden hatten, ist eine Art Disco mit Scheinwerfern und einem DJ. Alles organisieren die Schüler selbstständig vor Ort, was sehr beeindruckend ist. Wir aßen in der Cafeteria zu Mittag und probten anschließend für unseren Auftritt, den „Drama-Act“, der bei uns aus einem Tanz bestand. Um 14.30 Uhr hatte Rik, einer der Belgier, mit seiner Band einen Auftritt und um 15.30 Uhr gingen alle Schüler nach Hause. Nun kamen wir an die Reihe. Österreich performte eine Pantomime über Krieg und Frieden, England brachte uns mit seiner Comedy zum Lachen, Italien erzählte durch Schauspiel die Geschichte italienischer Einwanderer, Frankreich heizte mit einem Stück aus dem Musical Chicago ordentlich ein, Dänemark sorgte durch seine Comedy ebenfalls für einige Lacher und wir brachten mit unserer Hip-Hop-Choreografie alle zum Tanzen. Ungeplanter weise ließ der DJ nach unserem Tanz erneut „Rock Mi“ ablaufen, das auf der CD direkt nach unserem Remix kam und das Publikum überzeugte uns mit Klatschen und lautem Rufen davon, es noch einmal aufzuführen. Als wir begannen, tanzte das gesamte Publikum begeistert mit. Zur Belohnung bekam jeder eine Packung belgische Schokolade. Im Anschluss wurde der Comenius-Tanz aufgeführt, bei dem jeder mitmachte, nachdem der Belgier Finn ihn noch einmal vorgezeigt hatte. Frau Sproll machte ausfindig, dass unsere Bahn nach Leuven in guten zehn Minuten abfahren sollte, was für uns und andere bedeutete, dass wir zum Bahnhof rennen mussten. Wir schnappten uns unsere Taschen, Jacken, Schuhe und so weiter und starteten den Sprint durch die Stadt, welche wir „International Run „ nannten, weil Leute aus unterschiedlichen Ländern quer durch Aarschot rannten. Glücklicherweise erwischten wir die Bahn, bekamen unterwegs noch jeder ein Comenius-T-Shirt überreicht, machten uns im Hotel frisch und gingen schließlich alle gemeinsam Essen. Es waren Plätze für unsere riesige Gruppe von Schülern reserviert und wir bekamen ein 3-Gänge-Menü serviert, das sich sehen lassen konnte: als Vorspeise gab es verschiedene panierte Käse- und Fisch-Sticks mit verschiedenen Dip-Saucen, wie Senf, Süß-sauer-Sauce oder Knoblauch-Creme. Für den Hauptgang durfte man zwischen Fleischpastete mit Sahnesauce und Salat und einem vegetarischen Gemüse-Wok-Gericht wählen, was beides sehr lecker war. Als Beilage gab es Kroketten, Pommes und Mayo. Zum Nachtisch gab es riesige Pancakes mit Vanilleeis. Nach dem Essen waren alle mehr als satt. Für Stimmung sorgten Italiener und Spanier, die ihre Hymnen sangen, und Rik, der alle veranlasste zu klatschen, wenn der Kellner den Tisch abräumte.
Anschließend gingen wir alle zusammen in eine Bar, wo wir zum letzten Mal zusammen feierten und einen sehr lustigen und schönen Abend erlebten. Als schließlich die ersten gehen mussten, wurde plötzlich allen klar, was es doch für eine schöne Zeit gewesen war und wie viel Spaß man zusammen gehabt hatte. Gegen Mitternacht verabschiedeten sich alle Schüler von ihren neu gewonnen belgischen Freunden, wobei sich alle in den Armen lagen und auch einige Tränen flossen. Der Rest von uns ging ins Hotel zurück. Wir statteten Frau Sproll und Frau Schimpken nach einer SMS ihrerseits noch einen Besuch in der „Lehrer-Bar“ ab. Bei unserer Ankunft lief gerade der Comenius-Song und wir wurden Zeugen davon, wie alle Lehrer den Comenius-Tanz aufführten und lachten, als wären sie so alt wie wir und nicht unsere Lehrer.
Im Supermarkt wurden dann noch die letzten Mitbringsel für Familie und Freunde und Verpflegung für die Rückreise gekauft. Die Handynummern wurden ausgetauscht und ein letztes Mal umarmten sich alle. Danach begann unsere Rückreise nach Stuttgart, welchen aus Rennen, Kofferschleppen und Schlafen bestand. Alle waren froh, letztendlich wieder gut angekommen zu sein.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass Belgien zu Recht berühmt für seine Schokolade ist und dass die Menschen dort überaus freundlich, liebenswert und hilfsbereit zu Dir sind, auch wenn sie Dich nicht kennen. Wir alle haben neue Freunde gefunden, sind mit vielen Erfahrungen und Geschichten im Gepäck wieder zurückgekommen und werden noch oft an die Zeit zurückdenken in der wir viele Leute kennenlernten, von denen wir uns nur schwer wieder trennen konnten. Auch wenn die Stimmung am Anfang sehr verhalten und gedrückt war, sind wir im Laufe der Tage näher zusammen gekommen, als wir gedacht hätten. Nicht nur mit den Schülern aus anderen Ländern, sondern auch mit Gastschwestern und -brüdern, mit sich kümmernden Gasteltern und gut organisierten Lehrern. Das Comenius-Projekt birgt viele Erfahrungen und spannende Erlebnisse, weshalb es auf jeden Fall weiter bestehen sollte. Belgien ist ein schönes Land aus vielen Gegensätzen und in jedem Fall eine Reise wert.
Sarah Guttroff, 28. März 2014